Standing Ovations am Ende eines berührenden Konzertabends

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Es war alles andere als ein normaler Konzertabend. Der begann am Samstag (11. November) in einer abgedunkelten und komplett ausverkauften Kathedrale mit Gregorianischen Gesängen. Diese wie das folgende "Ave Verum" von Wolfgang Amadeus Mozart verwiesen bereits auf das Hauptthema des Abends: Mozarts "Requiem". Das "Ave Verum" hatte das Musikgenie unmittelbar vor der Totenmesse komponiert. Die fünf Strophen von "Komm süßer Tod" von Johann Sebastian Bach interpretierten anschließend fünf Sopran-Solisten der Dresdner Kapellknaben: Ben Hauptfleisch, Wilhelm Seifert, Jakob Krause, Leander Gaßmann und Gustav Hornschild - und sie überzeugten mit kräftigem, klarem und akzentuiertem Gesang.

Auch die Sopran-Soli beim "Requiem" besetzte Domkapellmeister Christian Bonath mit Knaben- und nicht mit Frauenstimmen. Dies entspreche der historischen Aufführungspraxis, wie der Chorleiter bei einer von der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen veranstalteten Werkeinführung mit Prof. Christfried Brödel, dem ehemaligen Rektor der Dresdner Hochschule für Kirchenmusik, erläutert hatte. Zu Mozarts Lebzeiten durften Frauen in katholischen Kirchen nicht singen. Dieses unsinnige Verbot ist zwar längst abgeschafft worden, die Sopranstimmen von Jungen singen zu lassen, hat aber dennoch seinen besonderen Reiz. "Knabensoli sind zwar leiser als bei ausgebildeten Frauen, dafür aber viel authentischer und klarer", erläuterte Bonath. Jakob Krause, Gustav Hornschild und Leander Gaßmann bewiesen das eindrucksvoll und waren auch bei den gemischten Soli mit Jonathan Mayenschein (Altus), Gregor Hirschmann (Tenor) und Jörg Hempel (Bass) jederzeit auf stimmlicher Höhe.

In einem weiteren Punkt wich der Abend von gewohnten "Requiem"-Aufführungen ab. Diese werden in der heutigen Zeit meist konzertant in einem Stück gespielt, ursprünglich war die Musik allerdings Teil einer Messe, also eines Gottesdienstes. Am Samstagabend wurde das "Requiem" an fünf Stellen kurz unterbrochen. Domzeremoniar Dr. Samuel-Kim Schwope erinnerte an unterschiedliche Situationen des Todes und Leidens, auch in dieser von Kriegen erschütterten Welt, und lud die Konzertbesucher ein, ihrer verstorbenen Angehörigen und Freunde zu gedenken. Passend dazu wurde jeweils eine Kerze im Mittelgang entzündet.

Mozarts Werk litt unter diesen Pausen nicht. Die knapp 100 Sängerinnen und Sänger der Kapellknaben und des Kathedralchores sowie die Musiker der Sächsischen Staatskapelle füllten den gewaltigen Kirchenraum mit  großartigem Gesang und Spiel. Ein warmer, langanhaltender Applaus und Standing Ovations waren die Belohnung für die Mühen bei den Proben in den vergangenen Monaten. Auch der Domkapellmeister zeigte sich im Anschluss zufrieden und dankbar: "Ich glaube, wir haben die Leute mitgenommen mit einem Thema, das uns alle zum Nachdenken bringt", sagte Bonath und würdigte besonders die Knaben-Solisten: "Das hat sich auf jeden Fall gelohnt. Man kann nur den Hut ziehen vor den Leistungen der Jungs."

Einige Konzertbesucher waren sogar extra aus Nordrhein-Westfalen angereist und bedankten sich im Anschluss persönlich beim Dirigenten. Der prominenteste Zuhörer schaute bereits bei der Generalprobe am Vormittag vorbei - das aber wohl eher zufällig. Der aus Kino- und TV-Produktionen bekannte Benno Führmann ("Babylon Berlin", Auszeichnungen mit dem Deutschen Fernsehpreis und dem Adolf-Grimme-Preis) schaute sich die ehemalige Hofkirche an und lauschte der Musik.

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