"Was könnte für junge Menschen, die so fabelhaft singen, überzeugend sein?"
Gregor Simon hat den ersten Kompositionswettbewerb der Dresdner Kapellknaben gewonnen. Im Interview erklärt der in dem südwestlich von Ulm gelegenen Ort Obermarchtal als Kustos der Holzhey-Orgel, Chorleiter und Komponist wirkende Simon, welchen Namen er seiner Messe gegeben hat und warum er am Sonntag vor dem Radio sitzen muss.
Herr Simon, waren Sie überrascht, als Ihnen mitgeteilt wurde, dass Sie den Kompositionswettbewerb der Dresdner Kapellknaben gewonnen haben?
Als mich der Domkapellmeister, Herr Bonath, anrief, hatte ich schon so einen Verdacht. Dass es dann sogar der erste Preis geworden ist, hat mich aber doch überrascht, damit rechnet man ja nicht unbedingt.
Es wurden mehr als 40 Kompositionen eingereicht, zum Teil auch aus dem Ausland. Macht es Sie stolz, sich in solch einem Wettbewerb behauptet zu haben?
Stolz vielleicht nicht, aber dankbar. Und es freut mich sehr, dass das, was mir da zugeflossen ist und was ich aufgeschrieben habe, den Juroren gefallen und solch ein Echo gefunden hat.
Welchen Namen hat Ihre Messe eigentlich?
Sie hat erst kürzlich einen bekommen. Herr Bonath und ich haben gegrübelt und dann nachgeschaut, welche Texte aus der Bibel am Sonntag der Uraufführung dran sind. Beim Vers zur Kommunion heißt es: „Wir jubeln über die Hilfe des Herrn. Wir frohlocken im Namen unseres Gottes.“ Da kommt das Wort „jubeln“ vor. Zudem hat die Messe einen Spannungsbogen hin zum Sanctus mit dem Höhepunkt „Hosanna“, ein reiner Jubelgesang. Auch das Gloria ist schon sehr jubilierend. Und schließlich sehen wir den Namen als Referenz an den großen Carl Maria von Weber, der vor rund 200 Jahren in der Dresdner Hofkirche seine Jubelmesse uraufgeführt hat. So kamen wir auf den Namen Jubelmesse.
Wie lange haben Sie für das Komponieren der insgesamt zwölf Minuten langen Jubelmesse gebraucht?
Die Messe habe ich an sieben Vormittagen im Mai geschrieben.
Sie hatten vorher bereits neun Messen für katholische Gottesdienste komponiert. Was unterscheidet die Jubelmesse von Ihren anderen?
Die Messen unterscheiden sich je nach Anlass und Besetzung. In der musikalischen Ausdrucksweise ist die Jubelmesse am ähnlichsten der wenige Monate zuvor für meinen Münsterchor entstandenen Lobpreismesse für Chor und Orgel.
Die Musik an der Dresdner Hofkirche hat eine lange wie große Tradition, Carl Maria von Weber ist nur ein Name unter vielen. Der Wettbewerb trug den Namen „Sing to the Lord a new song“. Was ist neu an Ihrer Messe?
Wenn ich mich beim Komponieren von etwas neu ergreifen lasse, wird es automatisch auch neue musikalische Ausdrucksweisen mit sich bringen. Ich habe mich von den wunderbaren Aussagen unseres Glaubens, die in einer Messe stecken, anrühren lassen – mit den speziellen Wettbewerbskonditionen auf dem Schirm. Die Messe trägt Kompositionsweisen der letzten Jahrhunderte bis hin zu den jüngsten Jahrzehnten in sich. Dass das Sanctus das Gloria an „Jubelintensität“ überbietet und auch länger ist als jenes, dürfte eine gewisse Eigenheit dieser Messe sein. Oder auch, dass das Agnus Dei komplett neu ansetzt und unerwartet intensiv wird.
Sie haben bereits an der berühmten Silbermann-Orgel in der Dresdner Kathedrale gespielt. Hatten Sie diesen Raum beim Komponieren im Hinterkopf?
In gewisser Weise schon. In so imposanten sakralen Räumen darf man es beispielsweise mit der Polyphonie im bewegten Tempo nicht zu wild treiben.
Und haben Sie sich mit den Dresdner Kapellknaben beschäftigt?
Beim Komponieren stelle ich mir gerne das betreffende Ensemble vor. Auch wenn ich es nicht näher kenne, fantasiere ich mich hinein - hier nach dem Motto: Was könnte für junge Menschen, die so fabelhaft singen, überzeugend sein und gerne gesungen werden? Erst letzte Woche habe ich mir übrigens bei Youtube den wunderbaren Film „Die ewige Stadt“ über die Rom-Reise des Chores im vergangenen Herbst angeschaut. Es hat mich absolut begeistert, in welcher Qualität und mit welcher Hingabe die Jungen sakrale Musik vortragen.
Sie können bei der Uraufführung Ihrer Jubelmesse den Preis nicht entgegennehmen – warum nicht?
Meine Frau und ich bedauern das sehr, wir wären so gerne nach Dresden gekommen. Aber ich gebe mit meinem Konzertchor Oberschwaben ausgerechnet diesen Samstag und Sonntag jeweils ein Konzert bei uns hier in Baden-Württemberg. Am Sonntag um 10.05 Uhr werde ich die Übertragung der Messe natürlich im Radio verfolgen, worauf ich sehr gespannt bin.
Dabei gibt es eine technische Premiere. Erstmals wird in Deutschland ein Gottesdienst in Dolby-Atmos-Qualität aufgezeichnet. Empfinden Sie das als eine Art von Auszeichnung, wenn solch ein Aufwand betrieben wird?
Ich habe davon gelesen, kann mir aber nicht wirklich vorstellen, was genau das bedeutet. Ich bin auf jeden Fall gespannt.
- Der Gottesdienst wird am Sonntag (26. Oktober) ab 10.05 Uhr vom Deutschlandfunk und MDR Kultur übertragen. Außerdem ist er im Internet zu hören:
www.mdr.de/kultur/radio/livestream-mdr-kultur-100.html#
www.deutschlandfunk.de/livestream-100.html
Das Bistum Dresden-Meißen überträgt die Heilige Messe per Livestream auf Youtube.