Mit einer kirchenmusikalischen Uraufführung und dem 25-jährigen Dienstjubiläum eines hochverdienten Kirchenmusikers gibt es für die Sakralmusik der Dresdner Kathedrale am Sonntag, 8. Mai, gleich doppelt Grund zum Feiern. Zum einen erklingt in der Heiligen Messe um 10.30 Uhr die Uraufführung der Orchestermesse des Komponisten und Kirchenmusikers Thomas Gabriel. Das Werk hatte bereits zum 100-jährigen Festjahr der Wiedererrichtung des Bistums Dresden-Meißen im vergangenen Jahr zur Aufführung gebracht werden sollen. Doch Corona hatte einen Strich durch die Rechnung gemacht. Zum anderen wird im Rahmen des Gottesdienstes Matthias Liebich, der langjährige Chordirigent der Dresdner Kapellknaben, für sein 25-jähriges Dienstjubiläum geehrt.
Matthias Liebich: Ein Vierteljahrhundert im Dienst der Kirchenmusik
Matthias Liebich (63) gehörte in seiner Kindheit und Jugend jahrelang selbst den Kapellknaben an. Nach dem Schulabschluss machte er eine Lehre zum Orgelbauer bei der Firma Jehmlich, studierte an der Dresdner Musikhochschule Dirigieren und Korrepetition und schloss das Studium als Diplom-Dirigent ab. Er war Kapellmeister am Deutsch-Sorbischen Musiktheater in Bautzen und an den Landesbühnen Sachsen und gastierte an zahlreichen Bühnen, bevor er 1997 die Stelle des Domkapellmeisters an der Kathedrale Sanctissimae Trinitatis in Dresden antrat.
Die musikalische Leitung der Dresdner Kapellknaben ist seither seine Hauptaufgabe. Fast täglich probt er mit dem Chor, dem Jungen im Alter von 8 bis 19 Jahren angehören; an Sonn- und kirchlichen Feiertagen gestalten die Kapellknaben die Gottesdienste in der Kathedrale musikalisch. Liebich führte die Dresdner Kapellknaben auch auf hunderte Konzerte ins In- und Ausland, unter anderem nach Rom und nach Kuba.
Ein besonderer Höhepunkt war das Knabenchorfestival 2009 mit Gottesdiensten, Konzerten und Ausflügen mit dem Mainzer Domchor, den Leipziger Thomanern, dem Dresdner Kreuzchor und dem Jazzchor des St. Benno-Gymnasiums zum 300-jährigen Bestehen der Kapellknaben. Zu Liebichs Verdiensten gehört es weiterhin, dass der Chor als Teil der sächsischen Knabenchorlandschaft als kultureller Botschafter der Europäischen Union ernannt und in das bundesweite Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe aufgenommen wurde.
Neben den Dresdner Kapellknaben leitet der Domkapellmeister auch den Kathedralchor Dresden, einen gemischten Chor der Hofkirche. Beide Chöre gemeinsam bringen mit Solisten der Sächsischen Staatsoper und Mitgliedern der Sächsischen Staatskapelle in der Kathedrale regelmäßig bedeutende Orchestermessen in der Tradition der Dresdner Hofkirchenmusik zur Aufführung.
Im Juni 2008 wurde Liebich zum Kirchenmusikdirektor ernannt. Er ist Lehrbeauftragter an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden. Sein Werk als Komponist zeigt sich in mehreren Schauspielmusiken, Musicals sowie geistlichen Werken.
Uraufführung der Orchestermesse
Weiterer Höhepunkt neben dem Dienstjubiläum des Kapellknaben-Chorleiters ist in der Dresdner Kathedrale die Uraufführung eines Werks des Komponisten und Kirchenmusikers Thomas Gabriel, der in den letzten Jahrzehnten zahlreiche geistliche Kompositionen im Genre des Jazz und der Pop-Idiomatik geschaffen hat.
Zu seinem neuen Werk sagt Thomas Gabriel: „Das Besondere an dieser Messe für die Katholische Hofkirche ist das Traditionsbewusstsein der großen Kirchenmusik einerseits und musikalische Aufbrüche – harmonisch und rhythmisch – andererseits. Das Orchester ist groß besetzt: Hörner, Posaune, Holzbläser und Streicher sind das Ensemble für alle vier Messteile. Zum Gloria und Sanctus erstrahlen festlich zwei Trompeten und Pauken dazu. Der Chor ist stets achtstimmig geführt: der Kathedralchor singt den lateinischen Text, die Kapellknaben übernehmen den deutschen. So ist die ganze Messe auf ein dialogisches Prinzip hin angelegt: Tradition und Neubeginn.“
Zur Person: Thomas Gabriel
Thomas Gabriel wurde 1957 in Essen geboren und studierte hier an der Folkwang-Hochschule katholische Kirchenmusik. Von 1983 bis 1986 wirkte er als Kantor an der Liebfrauenkirche Recklinghausen. Freischaffend war er 1987/1988 für den Westdeutschen Rundfunk und die Ruhrfestspiele Recklinghausen tätig. Von 1989 bis 1991 war er Bezirkskantor in Idstein, anschließend bis 1997 Regionalkantor in Saarbrücken. Von 1998 an bis 2017 wirkte er als Regionalkantor für das Institut für Kirchenmusik im Bistum Mainz mit dem Schwerpunkt „Neues Geistliches Lied“ für die Dekanate Offenbach, Rodgau und Seligenstadt.
Gabriel gibt Konzerte als Organist, Cembalist und insbesondere als Pianist des „Thomas Gabriel Trios“, dessen künstlerischer Schwerpunkt in Jazz-Bearbeitungen der Musik Johann Sebastian Bachs liegt.
Der Komponist wird an der Uraufführung seines Werks auch persönlich teilnehmen
Ehemaligen-Treffen der Dresdner Kapellknaben am 7. Mai
Zu einem Treffen ehemaliger Kapellknaben tags zuvor haben sich für Sonnabend, 7. Mai, bereits rund 100 Teilnehmer angemeldet. Der älteste Gast war dabei im Jahr 1948 Kapellknaben-Mitglied geworden. Feiern wollen die früheren Kapellknaben ihr Wiedersehen zunächst in einer Vesper mit Bischof emeritus Joachim Reinelt in der Dresdner Kathedrale. Die Andacht wird von den amtierenden Kapellknaben sowie einem Chor ehemaliger Kapellknaben musikalisch gestaltet. Im Anschluss treffen sich die Teilnehmer zu einem Empfang in einem nahegelegenen Hotel an der Stelle des früheren Geistlichen Hauses in der Dresdner Schloßstraße.
Text: Michael Baudisch
Foto: Steffen Giersch